Malta 2025 – Anreise und Tag 2

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Ich liebe Planung. Mehr noch, ich liebe gute Planung. Daher plane ich unter Anderem nicht nur Urlaube, sondern auch die Anreise zu selbigen. In der Theorie war die Planung auch perfekt: Verlassen des Büros um 13.00. Heimfahrt 35 Minuten: 13:35. Koffer holen und zur Bushaltestelle gehen: 13:45. Bus kommt: 13:47. Fahrt zum Bahnhof Wiener Neustadt: 13:52. Abfahrt nach Wien Hauptbahnhof: 14:05. Ankunft Wien Hauptbahnhof: 14:36. Umstieg und Weiterfahrt: 14:52. Der Umstieg in den Zug nach Flughafen Wien Schwechat scheiterte dann allerdings an meinem Unvermögen, den „geteilten Vorderteil des Zuges“ auszumachen. Seid mir also nicht böse, aber es macht schon Sinn einen Bahnhof in verschiedene Bahnsteige zu teilen. Die Bahnsteige dann jedoch nochmals in verschiedene Zonen zu teilen ist durchaus dazu geeignet, den Allerweltsreisenden vollends zu verwirren. So bemühte ich in einem Zustand wachsender Panik vor dem Zuspätkommen abwechseld Fahrplan-App und Anzeigetafeln um einen alternativen Weg, der mit einem weiteren Umstieg die Komplexität potenzierte, den Weg zum Flughafen zu suchen und schlußendlich auch zu finden.

Als Jemand, der Selbstständigkeit liebt, sind die öffentlichen Verkehrsmittel nur aus wirtschaftlichen, logischen und nicht zuletzt umweltfreundlichen Gründen zu bevorzugen. Und manchmal, nur manchmal, macht mich das fertig (wobei anzumerken ist, daß manchmal in diesem Zusammenhang mit meistens gleichgesetzt werden kann).

Jedenfalls schaffte ich es ohne weitere Verirrungen zum Flughafen und in weiterer Folge unbehelligt durch die Sicherheitskontrollen und auch glücklicherweise in den richtigen Flieger nach Malta.

Der Landeanflug mit Blick auf die beleuchteten Straßen und Städte der maltesischen Hauptinsel, nach 2 Stunden Flugzeit war es inzwischen Abend geworden, erinnerte mich an am Boden ausgelegte Lichterketten aus dem Baumarkt, die, mit mäßigem Erfolg, in geometrische Formen gebracht hätten werden sollen.

Malta - Landeanflug
Malta – Landeanflug

Aufgrund der Erfahrungen, die beim Malta-Urlaubs letztes Jahr gewonnen wurden, kannte ich bereits den Flughafen, die Position des Bus-Ticketschalters und den (zugegeben) äußerst kurzen Weg zu den Bushaltestellen. Mit zügigem Schritt durchquerte ich also die Ankunftshalle, löste mein Ticket, ging zur Busstation, nahm einen passenden Bus und eine dreiviertel Stunde später war ich bereits im Hotelzimmer. Reibungslos, ich war begeistert.

Nicht ganz so begeistert war ich vom Hotelzimmer an sich. Dazu darf natürlich nicht unerwähnt bleiben, daß der einzige Grund, der für das Hotel Point de Vue Guesthouse gesprochen hat, Komfort war. Komfort jedoch nicht in Bezug auf das Zimmer, die Ausstattung oder das Frühstück, nein, sondern der Komfort am kommenden Sonntag aus dem Hotel treten zu können und direkt neben der Startlinie des 40. Malta Marathons zu stehen. So konnte ich locker über die doch sehr spartanische Ausstattung, die Kälte (ich musste mit der Klimaanlage heizen, es war wirklich kalt und ich bin sonst nicht sehr empfindlich) oder der (fast) typisch südländischen Mentalität, Dinge erst dann zu reparieren, wenn es gar nicht mehr anders geht. Mehr dazu später…

Den ersten Tag startete ich mit dem letzten Trainingslauf der Vorbereitung für den 40. Malta Marathon. Ich hoppelte in gemächlichem Tempo durch die historische und wunderschöne Stadt Mdina, durch die fast menschenleeren Gässchen und über die ebenso beinahe verlassenen Plätze. Ich bin dennoch zuversichtlich, erfolgreich ein Influenzer-Fotoshooting gephotobombed zu haben, was mich mit diebischer Freude erfüllt.

Zurück zur Mentalität: nach diesem 20-minütigen Lauf nahm ich eine Dusche um frisch in den Tag starten zu können. Ich steckte die Handbrause in die dafür vorgesehene Halterung um mir die Haare zu waschen. Nach einer gewissen Zeit der Hampelei hatte ich es endlich geschafft besagte Handbrause in besagte Halterung, die locker, wackelig und windschief war, zu bekommen und zwar auch so, daß der Wasserstrahl nicht in Richtung Wand, sondern in ungefähre Richtung Kopf zeigt. Erfolg auf der ganzen Wasserlinie. Dreht man besagte Handbrause in besagter Halterung jedoch ab, weil der geneigte Duscher der Meinung ist, das Haar sei nun genug gewaschen, dann fällt mit dem Wasserdruck auch die besagte Handbrause aus besagter Halterung auf den noch nicht erwähnten Boden auf dem ein Zeh weilt. Investitionssumme: 20 Euro. Kundenzufriedenheit: unbezahlbar.
Anmerkung dazu: einem Marathonläufer ist es eigentlich echt egal ob eine Dusche warm oder kalt oder praktisch oder unpraktisch konzipiert ist: es darf nur tunlichst nichts auf die Füße fallen, niemals. Der Kopf als Ziel hingegen wäre durchaus okay gewesen.

Das Frühstück muß ich lobend erwähnen. Es gab zwar kein Buffet aber eine Auswahl von ca. 6 verschiedenen Frühstücken samt Beilagen und am ersten Tag entschied ich mich für das englische Frühstück weil ein Tag ohne Würstchen ein verlorener Tag ist.

Point De Vue - Frühstück
Point De Vue – Frühstück

Gut gestärkt streunte ich zur Bushaltestelle um nach Valletta zu kommen, und inzwischen hatte ich das Gefühl, die maltesische Buslogik durchschaut zu haben. Die Regeln sind wie folgt:
Eine Bushaltestelle ist ein guter Indikator dafür, daß hier ein Bus fahren könnte.
Ein ausgehängter Fahrplan ist ein Anhaltspunkt dafür, wie oft ein Bus kommen könnte.
Ein Bus ist der Beweis dafür, daß ein Bus fährt.
Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, daß es zuvor oder danach so war oder sein wird.

Mein Tipp an alle Reisenden auf Malta: vertraut nicht auf die Fahrpläne, der Bus kommt wenn er da ist.
Sucht euch in der Tallinja-App passende Busverbindungen heraus und steigt in den erstbesten Bus ein, der in die richtige Richtung fährt.
Ausnahmen bestätigen die Regel.

In Valletta angekommen gab es zwei Programmpunkte, die ich erledigen wollte. So hatte ich keinen Blick für den Tritonenbrunnen oder das Parlament sondern eilte direkt zum Großmeisterpalast. Der im 16. Jahrhundert erbaute Palast dient immer noch repräsentativen Zwecken, ist aber zumeist zugänglich. Die fehlenden Fotos von Außen möge man mir verzeihen, aber auf dem direkt davor gelegenen Misraħ San Ġorġ (St. Georg-Platz) fand eine Veranstaltung statt und es war mir nicht möglich eine geeignete Stelle zu finden ohne negativ auf die Festivität einzuwirken.

Über eine paar Räume, in denen die Geschichte Maltas mit der Geschichte des Palastes verwoben wird, gelangt man zur Waffenkammer des Großmeisterpalastes. Bereits 1860 zum ersten öffentlichen Museum Maltas erklärt, umfasst die Sammlung über 5.700 Ausstellungsstücke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert.

Bei diesem Helm fragte ich mich, ob ich das Design als Gegner ernst nehmen hätte können. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Valletta: Großmeisterpalast Waffenkammer
Valletta: Großmeisterpalast Waffenkammer

Mehr als diese durchaus beeindruckende Sammlung faszinierte mich jedoch die Architektur bzw. die Fresken. Es gibt jede Menge Darstellungen von maltesischem Erbe, Allegorien und perspektivisch-illusionistischen Deckengemälden. Es ist durchaus bedauerlich, daß ich mir nicht mehr Zeit nehmen konnte oder wollte um so vielen großartigen Ausschnitten meinen Respekt zollen zu können.

Hier ein wunderbares Beispiel für eines der perspektivisch-illusionistischen Deckengemälde. Von einem beliebigen Standpunkt aus sieht es absolut verzerrt und falsch aus:

Valletta: Großmeisterpalast
Valletta: Großmeisterpalast

Vom richtigen Standpunkt aus jedoch kann sich die Wirkung voll entfalten:

Valletta: Großmeisterpalast
Valletta: Großmeisterpalast

Hier noch ein nettes Gimmick, nämlich ein illusionistisches oder, wie man auf Neudeutsch sagen würde, Fake-Fenster – in nachfolgendem Bild ersichtlich:

Valletta: Großmeisterpalast
Valletta: Großmeisterpalast

Die nächste Station meiner zwei in Valletta noch „offenen Punkte“ war die St. John’s Co-Cathedral, deren Gemäuer zwischen 1573 und 1578 erbaut wurde (5 Jahre Bauzeit), deren Ausgestaltung im Inneren jedoch über 100 Jahre Bauzeit in Anspruch nahm. Zurecht.

Der Innenraum ist prächtig ausgestaltet und erschlägt den Besucher beinahe mit einer Orgie aus Gold.

Bei manchen Schnitzereien, die erwähnenswerterweise direkt vor Ort angefertigt wurden, fragte ich mich als kunstaffiner aber kunstungebildeter Mensch dann doch, was das denn nun darstellen soll:

St.Johns Co-Cathedrale
Ein weiblicher Seehengst?
St.Johns Co-Cathedrale
Eine armungslose aber beflügelte Putte?

Interessant ist auch jedenfalls der Boden, der aus beinahe 400 Grabplatten von Rittern des Johanniterorderns besteht und jede einzelne davon wäre es wert, begutachtet zu werden.

Bekannt allerdings ist die Kirche nicht oder nicht nur aufgrund der opulenten Ausgestaltung, sondern wegen einem Gemälde: so findet sich dort die Die Enthauptung Johannes des Täufers, entstanden 1608, von Michelangelo Merisi da Caravaggio. Es gilt als sein Meisterwerk, als eines der wichtigsten Werke der westlichen Malerei und ist zudem das einzige signierte Gemälde des Künstlers und die Signatur findest sich, sehr theatralisch, im Blutstrom des Enthaupteten.

St.Johns Co-Cathedrale
St.Johns Co-Cathedrale: Die Enthauptung Johannes des Täufers von Caravaggio

Diesen Caravaggio-Effekt hat man sich natürlich zunutze gemacht und, wohlgemerkt effektiv, in Szene gesetzt. So befindet sich in einem Zwischengeschoß eine eigene, dem Künstler sowie seinem Werk gewidmete Aussstellung, die unter Anderem das Werk in verschiedensten wissenschaftlich-ananlytischen Betrachtungsweisen beleuchtet:

St.Johns Co-Cathedrale
St.Johns Co-Cathedrale: Die Enthauptung Johannes des Täufers von Caravaggio

An der Fassade befinden sich drei Uhren bzw. Ziffernblätter, die einen zweiten Blick und ein Erörterung benötigen: ein Ziffernblatt zeit die Uhrzeit an, eines das Datum (nur den Tag aber nicht den Monat) und eines den Wochentag.

St.Johns Co-Cathedrale
St.Johns Co-Cathedrale

Danach streunte ich noch ein wenig durch Valletta, ging die St. Lucia’s Street mit Blick auf Knisja ta‘ Santa Luċija hinab zur Triq Il-Batterija von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Three Cities hat.

Der Kreis schloß sich und ich nahm den nächsten Bus nach Sliema, wo im Hotel Barceló Fortina die Startnummernabholung zum 40. Malta Marathon stattfand.

Zurück nach erfolgter Strapaz des Schlange-Stehens trieb ich mich zur blauen Stunde noch in Mdina herum, die zweifelhaften aber zweifellos vorhandenen Ergebnisse hier abschließend: