Helsinki 2025 – Tag 4 – Seurasaari & Linnanmäki

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Seurasaari

Am vierten Tag, also dem Tag nach dem Helsinki Marathon, watschelten wir etwas unbeholfen zur Haltestelle, von der uns der Bus nach Seurasaari bringen sollte. Seurasaari ist eine Insel mit einem Freilichtmuseum, das historische finnische Bauweisen zeigt. Das Busterminal selbst ist unterirdisch und aufgrund der elektrischen Busse bemerkenswert leise, sauber und übersichtlich – also alles, was dem lauten, schmutzigen und wenig einladenden Vienna International Busterminal unter der Stadtautobahn A23 fehlt …

Über eine 200 Meter lange Holzbrücke gelangt man vom Festland auf die nur einen halben Quadratkilometer große Insel. Durch die Bewaldung und die Granitsteine sieht es ein wenig wie im niederösterreichischen Waldviertel aus – würde ich ein Foto der Blockheide Gmünd unterjubeln, wäre das vermutlich nicht einmal zu bemerken.

Das Freilichtmuseum ist frei zugänglich, was großartig ist. Als wir ankamen, war die Insel noch kaum besucht, da das Museum selbst erst später öffnete. So umrundeten wir sie einmal vollständig, bevor wir uns Eintrittskarten kauften.

Mit diesen Karten – die angesichts der Vielzahl an Gebäuden wirklich günstig sind – kann man auch etliche Häuser von innen besichtigen. Die Mitarbeiter waren durchwegs in finnischer Tracht gekleidet, was manche Eindrücke wie eine Zeitreise wirken ließ.

Bereits 1909 wurde das Freilichtmuseum Seurasaari gegründet. Als ein historischer Hof abgerissen werden sollte, wurde er auf Betreiben des Malers Akseli Gallen-Kallela und des Architekten Yrjö Blomstedt aus dem über 300 Kilometer entfernten Konginkangas nach Seurasaari verlegt. So finden sich dort viele Gebäude, die nicht auf Seurasaari gebaut, sondern dorthin gebracht wurden. Das verleiht dem Ort eine besondere Authentizität – getrübt nur durch eine Sache: Ich sah kein einziges Eichhörnchen!

Ja gut, möchte man einwenden, was kümmern dich denn Eichhörnchen? Nun, abgesehen von ihrer Putzigkeit waren prominent platzierte Hinweisschilder angebracht, die das Füttern der Sciuridae verboten – ein eindeutiges Indiz für ihre Existenz. Und auf der wohl bekanntesten Nachschlageseite des gesamten Internets wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass neben Wasservögeln auch handzahme Eichhörnchen anzutreffen seien.

Ich sah kein einziges Eichhörnchen!

Urho Kekkonen wurde 1956 zum Staatspräsidenten gewählt und blieb über 25 Jahre im Amt – länger als jedes andere gewählte Staatsoberhaupt einer Republik. Netter Fakt? Das war die Einleitung.

1924 wurde der zukünftige Präsident Finnischer Meister im Standhochsprung. Noch ein netter Fakt? Das war die Überleitung.

Seit seiner Wahl zum Präsidenten ging er regelmäßig auf Seurasaari laufen. Einer seiner selbst auferlegten Fitnesstests bestand darin, die hier abgebildeten sieben Stufen mit einem einzigen Sprung zu überwinden. Der Erzählung nach gelang ihm das nur ein einziges Mal – unter Zuhilfenahme des Geländers. Aber immerhin: Selbst mit 74 Jahren erreichte er noch die zweithöchste Stufe.

Linnanmäki

Nun zu etwas völlig anderem: Linnanmäki ist ein Freizeitpark nahe des Zentrums, wird vom Kinderhilfswerk „Lasten Päivän Säätiö“ betrieben und war unser nächstes Ziel. Auch hier ist der Eintritt frei. Für die teils spektakulären Achterbahnen benötigt man ein Armband für ca. 60 Euro, das für alle rund 40 Fahrgeschäfte gilt.

Da mein Körper nach den gestrigen Strapazen ohnehin etwas wackelig auf den Beinen war, wollte ich ihm keine unnötigen G-Kräfte zumuten. So entschied ich mich für genau eine Fahrt: die 1951 gebaute Holzachterbahn „Vuoristorata“. Elf Euro für eine Einzelfahrt sind nicht wenig, aber als Zeitreise war es mir das wert. Besonderheit: Ein Bremser fährt mit und überwacht die Geschwindigkeit – und das bei einer 960 Meter langen Bahn, die bis zu 60 km/h schnell wird.

Gut, es war nicht die aufregendste Fahrt meines Lebens, aber es war witzig, und mein Mageninhalt blieb dort, wo er hingehört.

Der Park selbst ist sehr schön angelegt, erstaunlich grün und trotz der vielen Action überraschend entspannend. Die Männertoilette übrigens ein wahrgewordener Traum für jeden Cyberpunk-Ästheten.

Helsinki 2025 - Linnanmäki
Helsinki 2025 – Linnanmäki

Felsenkirche Temppeliaukio

Von Helsinkis Innenstadt hatten wir bisher nicht viel gesehen, abgesehen von Straßenbahnstationen, Bahnhof und Busterminal. Auf der Rückfahrt nahmen wir nun Kurs auf ein architektonisches Highlight: die Felsenkirche Temppeliaukio.

Geplant von den Architekten Timo und Tuomo Suomalainen, wurde sie 1969 fertiggestellt. Die rohen Felswände wirken archaisch, während darüber 180 schlanke Stahlbetonträger die 13 Meter hohe Kupferkuppel tragen. Das Ganze erinnert ein wenig an das Auftauchen des ersten Raumschiffs in Independence Day.

Wir hatten das Glück, während einer Konzertprobe anwesend zu sein – vermutlich zugunsten der Ukraine. Die Dirigentin lebte und atmete ihre Musik; es war ein Traum, ihr dabei zuzusehen.

Wir gingen anschließend am Naturhistorischen Museum vorbei, wo ein Elch im Vorgarten stand, ein Bär von der Terrasse grüßte und eine Eule den Eingang bewachte. In der Nähe befindet sich das Kunstmuseum Amos Rex. Das Innere bekamen wir nicht zu sehen, aber die oberirdischen Belichtungsflächen waren ein weiteres Beispiel moderner Architektur im Stadtbild Helsinkis.

Kauppatori

Nun zum Essen. Normalerweise sind wir bestrebt, möglichst viele verschiedene Lokale auszuprobieren. Doch das Streetfood am Marktplatz Kauppatori schmeckte uns bereits am Vortag so gut, dass wir erneut dort einkehrten.

Neben enorm üppigen Lachsportionen gab es auch köstlich zartes Rentierfleisch und – wofür ich mich diesmal entschied – knusprig gebratene Maräne. Die Preise sind für die Portionsgröße erstaunlich fair, und obwohl es sich um touristisch ausgerichtete Stände handelt, sah man immer wieder auch Einheimische dort essen. Oder waren es Touristen, die finnische Tageszeitungen lasen?

Helsinki 2025 - gebratene Maräne
Helsinki 2025 – gebratene Maräne