Niederlande 2025 – Tag 1 Rotterdam

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Meine mir Liebste wollte mal wieder und ich auch, zum ersten Mal, in die Niederlande und so planten wir eine mehrtägige Rundreise durch die drei größten Städte des Königreichs an der Nordsee: Rotterdam, Den Haag und Amsterdam. Beim Landeanflug auf Amsterdam Schiphol, immerhin der viertgrößte Flughafen Europas, zeigte sich schon deutlich die bestimmende Wetterlage der nächsten Tage: abwechlungsreich mit Sonne, Wolken, Regen und Sonnenschein, soweit die Grachten reichen.

Landeanflug auf Amsterdam
Landeanflug Amsterdam

Mit dem Intercity, vom Platzangebot her übrigens höchst komfortabel im Vergleich zu den Österreichischen Bundesbahnen, düsten wir nach Rotterdam. Erster Halt, nachdem wir bereits auf dem Weg vom Bahnhof zum Hotel die Neubauarchitektur bewundert hatten, war die Pauluskerk. Das Diakonische Zentrum Pauluskirche ist primär eine Anlaufstelle für Obdachlose, Suchtkranke und dergleichen und nur sekundär Kirche. Für die futuristische Gestaltung zeigt sich der englische Architekt Will Alsop verantwortlich und im Zusammenhang mit der dortigen Mission erinnert es mich an ein zerknülltes und achtlos weggeworfenes Blatt Papier.

Rotterdam besticht durch seine moderne, teils expressionistische, Architektur. Der nicht unbedingt positiv zu beurteilende Grund dafür wird später noch Thema werden, aber unsere nächste Station war das zwischen 1914 und 1920 errichtete und unter Denkmalschutz stehende Rathaus. Es ist frei zugänglich aber man darf sich als Tourist nicht von den Sicherheitsleuten abschrecken lassen, die freundlich den Weg weisen und lediglich darauf hinweisen, daß das Fotografieren der anwesenden Personen nicht gestattet ist. Das gefällige Gebäude mußte leider aufgrund des Aufbaus einer Tribüne direkt davor als nicht sinnvoll fotografierbar eingestuft werden, allerdings sind der ruhige Innenhof und die Eingangshalle durchaus einer näheren Betrachtung wert gewesen.

Da erstens meine Kamera herumgezickt hat als müsse sie sich von Heidi Klum höchstpersönlich eine Kurzhaarfrisur verpassen lassen, und es zweitens immer wieder mal geregnet hat, waren meine knipstechnischen Ambitionen etwas beschränkt. Lediglich einige architektonische Gegensätzlichkeiten und das World Trade Center Rotterdam in verschiedenen Stufen des abzusehenden Verfalls veranlassten mich, meine wohl schon etwas altersschwache Sony aus dem trockenen Rucksack zu holen. Armes Ding, nicht daß sie durch den Regen auch noch Locken bekommt. Jedenfalls weigerte sie sich beharrlich, wie man bei manchen Bildern feststellen kann, korrekt scharfzustellen oder die Belichtung hinzubekommen und ist „Dank“ elektronischem Sucher immer wieder eingefroren. Foto. Ausschalten. Einschalten. Foto. Mühsam.

Die Laurenskerk geht zurück auf das Jahr 1449, wurde aber wie fast ganz Rotterdam während des zweiten Weltkrieges schwer beschädigt. Bis 1968 dauerte der Wiederaufbau der evangelischen Kirche. Auf einer interaktiven Karte im Inneren kann man sich historische und aktuelle Aufnahmen der Stadt ansehen, darunter die bedrückende Nichtexistenz benachbarter Gebäude nach der Bombardierung Nazideutschlands am 14. Mai 1940. Man bezahlt übrigens Eintritt für den Erhalt der Kirche, was eine Touristenfamilie des benachbarten Auslands mit „Na, dann gehen wir wieder“ quittiert wurde. Naja…

Nächster Fixpunkt unseres Weges war die 2014 fertiggestellte Markthalle, ein eindrucksvolles Gebäude, entworfen vom Architekten Winy Maas. Die elfstöckige Markthalle ist nicht nur aufgrund ihrer Form oder der Gestaltung herausragend, sondern auch weil in das Konzept nicht nur der Markt selbt, sondern auch Wohnungen, ein Supermarkt sowie eine Tiefgarage integriert wurde. Letzteres stelle ich mir in Verbindung mit der Lage an bzw. im Wasser herausfordernd vor. Die bunt ausgestaltete, gewölbte Decke zeigt eine moderne Interpretation der Stillleben alter holländischer Meister auf einer Fläche von ca. 11.000 Quadratmetern. 4.000 Stück 1,5m x 1,5m große Glasscheiben wurden dafür verbaut. 3D-Puzzeln für Fortgeschrittene.

Moderne Architektur, wie modern oder radikal darf sie denn sein? Gleich am anderen Ende der Markthalle, vom Binnenrotteplein aus, kann man sie schon sehen: meiner unstudierten Meinung nach hochinteressant aber hausgewordene Unpraktischkeit: die Kubushäuser von Piet Blom. Ebenfalls von Piet Blom und dem Ensemble zugehörig ist eines der, man verzeihe mir auch hier mein architektonisches Unverständnis, wohl hässlichsten Häuser, die ich je gesehen habe: der Blaakturm. Die 51 Kuben, die 1981 fertiggestellt wurden, sind hingegen durchaus fotogen und zaubern wohl so ziemlich jedem Besucher zumindest ein kleines Lächeln ins Gesicht. Ein Kubus ist für Besucher geöffnet, der Rest – angeblich – tatsächlich bewohnt.

Das Areal der Kubushäuser öffnet sich unvermittelt auf das so genannte Weiße Haus, ein 1898 errichtetes zehngeschossiges Hochhaus. Es gilt als der erste Wolkenkratzer Europas und war zu seiner Zeit das höchste Bürogebäude der Alten Welt. Wir schlenderten weiter über die eindrucksvolle Erasmusbrücke aus 1996, genannt der Schwan, mit Blick auf die Koningshavenbrug De Hef: eine Fachwerksbrücke aus dem Jahr 1878 bzw. 1927 (Hebeteil). Gegensätzlicher geht’s kaum.

Über die Erasmusbrücke gelangt man in den Stadtteil Kop van Zoid bzw. auf das Wilhelminapier, der neuen architektonischen Spielwiese Rotterdams. Bereits vom anderen Ufer aus kann man z.B. das tetrishafte De Rotterdam von u.A. Rem Koolhaas, das rundliche World Port Center von Norman Foster, das stützenswerte Toren op Zuid oder das Cruise Terminal und viele weitere mal mehr, mal weniger, gefällige Neubauten bestaunen. Winzig wirkt dagegen das altehrwürdige Hotel New York, das 1917 fertiggestellt wurde und, vor der heutigen Nutzung als Hotel, der Hauptsitz der Holland-Amerika Lijn war, die anno dazumal quasi die alleinige Auswanderungsmöglichkeit von Holland nach Amerika darstelle. Ach ja, das schwimmende Ding, das vor den nichtschwimmenden Dingern steht, ist das Kreuzfahrtschiff Aida.

Auch Essen muß sein, wir entschieden uns für die in der Nähe gelegene Foodhallen, in der etliche Stände internationales Streetfood anbieten. Gut, das Ambiente ist nicht unbedingt romatisch oder auch nur gemütlich aber das Essen war hervorragend und der Vorteil an lauter Hintergrundmusik ist, daß man schmatzen kann so laut man will. Glücklicherweise sind meine mir Liebste und ich einer Meinung, wenn es ums Essen bei Städtereisen geht: ordentlich frühstücken, mittags ein Snack aus dem Supermarkt und Abends dann als Ausklang des Tages ein Restaurantbesuch.

Etwas mehr Ambiente und einen schönen Blick auf Rotterdam bietet die Bar Elvy, die zwar klingt wie aus Stranger Things aber einen Flipper von Game of Thrones hat. Ambiente und schöner Blick ist aber leider nicht genug, denn etwas mehr geschmackliche Ausgewogenheit hätte unseren Cocktails durchaus gut getan. Das hübsch aufbereitete Geburtstagsküchlein für die mir Liebste hat das allerdings wieder fast wettgemacht.

Unserem Hotel Bilderberg Parkhotel Rotterdam hatten wir ja schon zur Kofferaufbewahrung einen Besuch abgestattet, der Stil gefiel uns sehr gut und das großzügige Zimmer mit gerundeter Panoramaverglasung bot einen wunderbaren abendlichen Blick über die Stadt. Hundemüde fielen wir ins Bett, denn bereits seit 4 Uhr morgens waren wir auf den Beinen um in Wien die allererste U-Bahn zu erreichen, die uns zu dem frühstmöglichen Zug zum Flughafen brachte. Dies war nötig, da unser Abflug um 7:10 frühmorgens stattfand, was uns zwar einen (fast ganzen) Tag in Rotterdam bescherte aber auch dunkle Ringe unter den Augen…