Lettland 2025 – Tag 6 Gauja, Cēsis & Laņģu Klippen

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Vor dem Frühstück, das mir um 9:00 serviert werden sollte, hatte ich noch Zeit nochmals bei Morgensonne durch die Räume zu schlendern. Danach schnappte ich mir mein Buch (Inge Scholl – Die Weiße Rose) und stetze mich auf die Veranda um in sanftem Sonnenschein ein paar Seiten zu lesen. Eine scheue Katze huschte um das Hauseck, hinweg zu den weitläufigen Wiesen. Etwas klapperte. War es nun soweit? Trat Gevatter Tod nun aus den Schatten, durch die viktorianische Doppelflügeltür hindurch und hinaus ins Licht, um mich zu holen? Nein, es war ein Storch, der auf dem Strommasten vor dem Haus ein Nest errichtet hatte. Zeit also für ein paar weitere Fotografien.

Das Frühstück war reichhaltig und nachdem ich gestern kein Abendessen zu mir genommen hatte, bereits sehr erwünscht. Immer wieder huschte ein Lächeln über mein Gesicht, konnte ich es doch noch immer nicht fassen im Speisezimmer dieses letzten noch stehenden Gebäudes dieser Art in Lettland zu speisen. Die Portraits an den Wänden begutachteten mich wohlwollend, als ich den letzten Bissen Fisch zu mir nahm und mich für die nächste Etappe meiner Reise fertig machte.

Ungurmuiža
Ungurmuiža

Heute sollte wieder eine Wanderung am Ufer der Gauja, im größten Nationalpark Lettlands, auf dem Programm stehen. Ausgangspunkt waren die Ērgļu-Felsen und ich folgte den Pfaden bis nach Rāmnieki. Wald, Vogelgezwitscher und das Geräusch meiner eigenen Schritte auf dem Waldboden. Ruhe, herrlich. Nach den letzten Wochen, die für mich geistig sehr fordernd waren, hatte ich doch das Gefühl als würde sich die halbe Welt auf mich alleine verlassen, war das genau das, was ich gebraucht habe, um wieder in mir selbst ruhen zu können. Keine Termine, keine Verpflichtungen, keine Erledigungen: nur der Wald und ein Mensch.

Nach 10 Kilometern erreichte ich wieder meinen Ausgangspunkt. Ich bin geneigt zu sagen, daß diese Route mit Abstand die Unspektakulärste bisher war aber andererseits ist alleine die Stille und die meditative Aura eines Waldes an Spektakel genug.

Die Stadt Cēsis erkundete ich als Nächstes. Es ist eine Stadt mit langer Geschichte, die hier wiederzugeben nur meine Fähigkeit, Wikipedia-Artikel in veränderter Form wiederzugeben, beweisen würde. Ich habe mich dort wohl gefühlt und hatte das Gefühl, daß dies eine nette kleine Stadt ist, die sowohl ihre Geschichte gewahrt hat und gleichzeitig aber Neues zulässt.

Ich folgte einem Rundweg, der einer Broschüre entnommen war, und der die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt abdecken sollte. Um weiterhin nicht wissentlich mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, vergönnte ich mir das wohlverdiente Mittagsbier im Gastgarten der Cafe 7 Bar unweit des Hauptplatzes unter saftig grünen Bäumen im Halbschatten.

Aber Stadt ist Stadt, und Wald ist Wald, und Wald war mein erklärtes Ziel. So fuhr ich noch ein paar Kilometer weiter um eine Wanderung zu den Laņģu-Klippen zu unternehmen. Auf dem Weg dorthin versperrte mir eine übel gelaunte Schlange der Weg, welche ich natürlich mit Knipsereien noch mehr erzürnen musste.

Lode - Weg zu den Laņģu-Klippen
Lode – Weg zu den Laņģu-Klippen

Diese Gegend war wieder traumhaft. Immer wieder kleine Tümpel, kleine Seen, Beweise für die Existenz eines Bibers und – in Form lauten Geschreis – leider auch für die Existenz einer Schulklasse. Ich flüchtete auf einen vermeintlichen Rundweg um einen kleinen See herum, der jedoch im Nirgendwo endete und ich daher marschierte ich wieder zurück um wieder auf markierte Pfade zu gelangen.

Unzählige Symbole und Liebesbekundungen sind eingeritzt in den rötlichen Sandstein der Laņģu Klippen und etliche keine Quellen entspringen dem Fels und fließen hinweg zur nahe gelegenen Gauja, zu deren Ufern so mancher kleiner Weg führt.

Eine verlassene Fabrik liegt unweit des Parkplatzes und leider hatte ich das „Betreten verboten“ Schild erst nach meiner Erkundung gesehen… Zudem wollte ich als Ausländer nicht unbedingt wegen unbefugtem Betreten in Probleme geraten, zumal die eigentliche Fabrik nur wenige Meter daneben stand und in Betrieb war.

Ich genoß noch den letzten Abend in Ungurmuiža und fotografierte den Lichtertanz der Elfen, der sich nach naturwissenschaftlicher Analyse als Effekt einer von Schweiß verschmierten Handylinse entpuppte.

Ungurmuiža
Ungurmuiža