30. Rom Marathon 2025

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Nach dem für mich äußerst zufriedenstellenden Ergebnis beim Malta Marathon stand ich vor einer Entscheidung. Ich habe im Artikel persönliche Umstände erwähnt, die sich während meines Aufenthalts auf Malta ergeben hatten. Ich war danach drei Wochen privat voll im Einsatz, neben einem 40 Stunden-Job, wobei ich dankenswerterweise von meinem Chef die erforderlichen Freiheiten erhalten habe, mir Arbeit und Unterstützung entsprechend einteilen zu können.

Im Allgemeinen wäre es verwegen gewesen, mich schon vor dem Malta Marathon fix für Rom anzumelden. Immerhin bin ich erst seit Mitte 2023 wieder im regelmäßigen Training und zwei Marathons in drei Wochen ist auch für viele trainiertere Läufer als ich es bin eine nicht zu unterschätzende Belastung. Aber ich fühlte mich gut, körperlich durchaus ausgeruht und die 5 Trainingseinheiten, die ich als Überbrückung absolviert hatte, waren zufriedenstellend verlaufen.

Zudem hatten sich die privaten Umstände mit der Zeit zu einer überschaubareren Aufgabe hin entwickelt. Daher habe ich sehr kurzfristig (eine Woche davor) entschieden, auch den Rom Marathon zu bestreiten. Glücklicherweise lebte der Papst noch und ich konnte halbwegs leistbare Flüge zu nicht ganz unmöglichen Zeiten ergattern. Ebenso fand ich ein fast schon ideal gelegenes Hotel, das zwar weder Frühstück noch Komfort, wohl aber eine Nähe zum Bahnhof Termini, dem Start- und auch dem Zielbereich anbietet.

30. Rom Marathon 2025 - Glücksschlumpf
30. Rom Marathon 2025 – Glücksschlumpf

Am Freitag nach der Arbeit fuhr ich ausnahmsweise nicht mit dem Zug sondern mit dem Auto zum Flughafen. Zwar hätte ich die Anreise durchaus mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchführen können, die Rückreise allerdings war spät angesetzt und so war mir die Bequemlichkeit des schnellen Nachhausekommens wichtiger als eine preisgünstigere Anreise. Ich kam tatsächlich in Wien noch nie so schnell (mit genau 0 Minuten Wartezeit) durch die Security. George Clooney wäre stolz auf mich! Über den Flug kann ich nicht viel berichten, ich war in mein GEO-Magazin vertieft, aber nach der Ankunft erinnerte ich mich an zwei Dinge: Erstens geht es hier irgendwo zum Bahnhof und zweitens ist es nicht eindeutig angeschrieben. Das römische Leitsystem, das ortsunkundige Reisende ja wohl möglichst schnell und eindeutig lotsen sollte, bleibt mir weiterhin ein Rätsel.

Es gibt noch im Terminal zwei Ticketautomaten für den Leonardo-Express, der den Flughafen Leonardo DaVinci mit Roma Termini, dem Hauptbahnhof, verbindet. Diese erste Möglichkeit zum Ticketkauf war jedoch von einer Menschentraube umgeben als hätte man ausgehungerten Tauben am Markusplatz frische Krümel zugeworfen. Aber es gibt ja, so war es zumindest noch beim letzten Romaufenthalt, jedenfalls weitere Automaten und sogar mit echten Menschen besetzte Schalter direkt bei den Bahnsteigen. Nun, die Schalter waren wohl noch da und wohl auch noch besetzt, nur leider gleichzeitig geschlossen und von den beiden sichtbaren Automaten funktionierte nur einer und die Menschenmassen belagerten auch jenen. So war die Wartezeit entsprechend lang und ich verpasste die beiden nächstmöglichen Züge, was bei einem Intervall von ca. 15 Minuten grundsätzlich nicht tragisch gewesen wäre, wären es nicht jene 15 Minuten gewesen, die ich als allerletzten Zeitpuffer für die Weiterfahrt zur Startnummernausgabe benötigt hätte. Ich wollte nicht vor verschlossenen Türen stehen und so verlegte ich die Marathon-Expo auf den nächsten Tag und mußte das Sightseeing entsprechend verkürzen.

Also begab ich mich zum Hotel, das nur wenige Gehminuten vom Bahnhof Termini entfernt war. Die Bezeichnung „Hotel“ war schmeichelhaft, ja fast schon irreführend. Auf einem sehr schäbig wirkenden Gebäude waren etliche Tafeln mit klingenden Namen wie „Imperial Deluxe“ oder „Rome in Love“ angebracht. Nachdem mir die Tür geöffnet wurde, betrat ich die Eingangshalle, welche aus Postkästen an der linken Wand und Mülleimern an der rechten Wand bestand. Über Treppen, die zu einem Halbpodest führten, gelangte ich zu einem winzigen Aufzug. Winzig bedeutet, daß selbst ich, mit meiner unglaublichen Körpergröße von einhundertundsiebzig Zentimetern, links und rechts mit den Schultern anstand und mich fühlte als würde ich gleich von einer Autopresse zu einem handlichen Würfel verarbeitet werden. Im Stockwerk meiner Wahl angelangt, wurde ich freundlich aber bestimmt in die Gepflogenheiten des so genannten „Hotels“ eingewiesen. Kein Frühstück verfügbar, die Rezeption ist „about 9:30“ besetzt und falls „an emergency happens, please try to call number 9 and if no one answers, please try again later.“

30. Rom Marathon 2025 - Hoteleingang
30. Rom Marathon 2025 – Hoteleingang

Ich bekam einen Schlüsselbund mit drei Schlüsseln. Einer sperrte das Haustor, einer die Gangtür und einer die Zimmertür. Es bleibt noch zu erwähnen, daß der Schlüssel, der von der Beschriftung her zum Haustor gepasst hätte, natürlich die Gangtür sperrte aber dafür nur mehr ein Schlüssel zur Auswahl übrig blieb, der dann aber auch tatsächlich die Zimmertür entriegeln konnte. Das Zimmer war, selbst wenn man als Vergleich die gewollte Kargheit katholischer Bettelorden heranzieht, spärlich ausgetattet. Es verfügte über ein Bett, ein Nachtkästchen, das sich aus mir unerfindlichen Gründen eine Meter neben dem Bett befand, einem Kleiderschrank sowie einem winzigen Fernseher, der auf einem Schreibtisch stand.

30. Rom Marathon 2025 - Hotelzimmer
30. Rom Marathon 2025 – Hotelzimmer

Müde von der Anreise begab ich mich, nachdem ich einen Burger in einem Lokal im Bahnhof Termini gegessen hatte, zeitig zu Bett. Legte mich also hin und bekam: Knieschmerzen. Es war lange her, daß ich Knieschmerzen hatte, und einen Tag vor dem Marathon waren das beunruhigende Zeichen, die das Universum mir sandte. Mein rechtes Knie ist gezeichnet oder, besser gesagt, bearbeitet, verdreht und nachhaltig beschädigt von einem Fußballspiel vor vielen Jahren. Es führt an dieser Stelle zu weit, genau zu schildern wie es dazu kam, es sei jedenfalls gesagt: Es wird nie wieder so werden, wie es war, aber es funktioniert zumeist wie es soll aus dem Fakt heraus, daß ich (es) regelmäßig trainiere.

30. Rom Marathon 2025 - Burger
30. Rom Marathon 2025 – Burger

Am nächsten Morgen fuhr ich, immer noch mit einem schmerzenden Knie, mit der U-Bahn zum Palazzo dei Congressi, wo die Startnummernausgabe stattfand. Ich war bestrebt, dies möglichst rasch hinter mich zu bringen, da ich den Samstag eigentlich für Sightseeing reserviert hatte. Leider arbeitete das italienische System „festina lente“ gegen mich. Das lose auf Deutsch zu übersetztende Sprichwort „Eile mit Weile“ manifestierte sich insofern, als daß 10 Minuten nach dem eigentlich geplanten Einlaß die Mitarbeiter zu klatschen und zu singen begannen, was ihnen absolut zu vergönnen ist, denn ich schätze deren Arbeit sehr. Dennoch blieb noch ein paar Minuten zu, aber in Italien benötigt man eben Geduld.

30. Rom Marathon 2025 - Startnummernabholung
30. Rom Marathon 2025 – Startnummernabholung

Nachdem ich mir die Startunterlagen, nebst schön gestaltetem T-Shirt sowie Rucksack, geholt hatte – ohne den auf zwei Ebenen verteilten Ständen nähere Beachtung zu schenken – fuhr ich zurück zum „Hotel“ um alles abzulegen, nachstehendes Foto zu machen und um gleich wieder aufzubrechen um mir endlich San Carlo alle Quattro Fontane von Innen ansehen zu können…. Mehr über die Besichtigungen im anderen Artikel.

30. Rom Marathon 2025 - Starterpaket
30. Rom Marathon 2025 – Starterpaket

Ich kann nicht mehr genau nachvollziehen wann es begann, aber es begann: meine halbjährliche Migräneattacke. Zwar waren die Knieschmerzen weniger geworden nachdem ich das auf obigem Foto abgebildete „Arnika Gel“ großzügig darauf verteilt hatte. Die Kopfschmerzen allerdings waren heimtückisch. Ich brach die römische Begehung ab und dackelte gesenkten Hauptes wieder zurück zum „Hotel“ um mich hinzulegen. Es brachte genau gar nichts, denn es pochte in horizontaler Position nur noch vehementer. Nach 90 Minuten erfolgloser Schlafversuche und würmischen Windungen auf dem Bett machte ich mich auf um frische Luft zu schnappen. Es ist paradox, einen Spaziergang aus einem gewissen Grund abzubrechen, nur um einen weiteren Spaziergang zu unternehmen, um den Grund des Abbruchs wegzubekommen. Tja.

Ich ging blauäugig davon aus, daß sich irgendwo in, um oder in der Nähe vom Bahnhof Roma Termini, immerhin der größte Bahnhof Italiens und der fünftgrößte Bahnhof der Welt, Sitzbänke befinden würden, wo ich in relativer Ruhe sitzen würde können um meinen Schmerz wahlweise zu lindern oder zu huldigen. Nein. Es gibt einen riesengroßen neu gestalteten Vorplatz mit Bushaltestellen – aber keine Bänke. Es gibt eine riesige Halle mit Geschäften und Boutiquen und … (so gut wie) keine Bänke. Also umwanderte ich einmal das gesamte Areal mit pochendem Schädel und schmerzendem Knie und glücklicherweise wurde die Pein in meiner Hirnschale langsam aber doch gelindert.

Dann, es war schon Abend geworden, ließ ich mich auf einen Stuhl der erstbesten Pizzaria fallen, die ich finden konnte. Wobei, eigentlich war es die letztmögliche Pizzaria, denn sie befand sich direkt gegenüber meines „Hotels“. Die „Pizzaria“ bestärkte mich in meiner Überzeugung, daß Italiener keine Pizzen zubereiten können. Pasta, wohlgemerkt, finde ich in Italien hervorragend, aber mit Pizza konnten sie mich noch nie hinter dem Holzofen hervor locken. Dennoch ist die Pre-Race-Pizza Tradition und ich lasse mir das durch nicht vorhandene Qualität auch nicht vermiesen. Sie war … käsig und ich würde dieses Lokal in Bezug auf Pizza nicht weiterempfehlen, auch wenn das Service an sich gut war.

30. Rom Marathon 2025 - Pre-Race-Pizza
30. Rom Marathon 2025 – Pre-Race-Pizza

Aus organisatorischen Gründen begann mein Marathontag bereits um 5:30. Ich schlüpfte in meine Laufsachen, aß ein am Vortag gekauftes Tramezzino, schnappte mir meine Rucksäcke und machte mich auf den Weg zu einem anderen Hotel, das auch Gepäckaufbewahrung anbietet. Mein „Hotel“ nämlich hatte mir erklärt, daß die Rezeption erst zirka um 9 Uhr besetzt sein würde. Ich könne zwar meinen Rucksack im Zimmer lassen und der Zimmerservice würde ihn dann irgendwann holen. Da das Zimmer nach meinem Verlassen jedoch unversperrt bleiben mußte (Schlüsselsystem, Rezeption unbesetzt), entschied ich mich dagegen.

30. Rom Marathon 2025 - Termini im Morgengrauen
30. Rom Marathon 2025 – Termini im Morgengrauen

Gegen 6:15 war ich dann am Bahnhof, der noch ziemlich verlassen war und im Vergleich zum kakophonischen Lärm, der tagsüber herrschte, relativ ruhig vor sich hinbahnhofte. In der U-Bahn änderte sich das rasch und die knallorgangen Dropbags waren allgegenwärtig. Beim Circus Maximus ergossen sich die Teilnehmer aus dem Untergrund auf die Viale Aventino und schwärmten aus, um die LKWs für die Kleiderabgabe zu suchen oder Fotos, wahlweise nur von sich, von sich und dem Kolosseum oder nur dem Kolosseum, zu machen.

30. Rom Marathon 2025 - Circus Maximus am Morgen
30. Rom Marathon 2025 – Circus Maximus am Morgen

Die LKWs, in denen man die Dropbags abgeben konnte, waren auf der Viale delle Terme di Caracalla aneinandergereiht. Es waren, ich glaube, an die 10 LKWs für weibliche Teilnehmer und danach sage und schreibe 28 LKWs für die Männchen. Ich mußte zur Nummer 28. Und von der Nummer 28 wieder zurück zum Startbereich. Insgesamt also rund 3 Kilometer Fußmarsch, wobei ich und alle Anderen durch den Anblick des in der Morgensonne strahlenden Kolosseums entschädigt wurde.

30. Rom Marathon 2025 - Startbereich beim Colosseum
30. Rom Marathon 2025 – Startbereich beim Colosseum

Einen kleinen semiprofessionellen Tipp an alle Teilnehmer einer sportlichen Massenveranstaltung: ein halbvolles Päckchen Taschentücher. Es eignet sich dank Plastikhülle nämlich erstens hervorragend um eine Kreditkarte und etwas Bargeld auch bei Regen trocken ins Ziel zu bringen und zweitens ist es nicht schlimm, wenn am Mobilklo das Papier leer ist…

Um unpünktliche 7 Minuten nach 8:20 entließ die Rennleitung meinen Startblock B endlich auf die Strecke, die 42,195 Kilometer durch die Ewige Stadt führen sollte. Ich liebe Rom und war bereits etliche Male in Rom. Wer aber noch nicht in Rom war, könnte diese Marathonstrecke durchaus als gute touristische Route zur Stadterkundung benutzen: Vom Forum Romanum aus (Gaius Julius Cäsars Statue grüßte die Läufer nach den ersten Metern) am Kolosseum und dem Circus Maximus vorbei kreuz und quer durch die geschichtsträchtige Stadt. Der Blick auf das Castel Sant’Angelo war bereits nett aber der Anblick des Petersdoms, wenn hunderte Marathoni über die Viale della Conciliazione treppeln, hat mir so gut gefallen, daß ich entgegen meiner Gewohnheiten sogar das Smartphone zückte und ein kurzes Video machte.

30. Rom Marathon 2025 - Strecke zum Vatikan
30. Rom Marathon 2025 – Strecke zum Vatikan

Zum sportlichen Teil dieser Sightseeing-Tour: Die Zeichen standen ungünstig. Am Vortag plagten mich noch die Migräne und Knieschmerzen. Generell wollte ich es, drei Wochen nach dem Malta-Marathon, ohnehin gemütlicher angehen. Im Kopf hatte ich eine Zeit um die 3:45:00. Unbeschwert lief ich also los und wollte auch gar nicht so sehr auf die Zeit achten, sondern vielmehr nach Gefühl laufen. Einfach locker durchlaufen war die an mich selbst ausgegebene Devise. Nach 5 Kilometern spähte ich dennoch auf die Polar Grit X Pro: 26:04, aktuelle Pace knapp unter 5 Minuten mit angenehmer Herzfrequenz von 160 Schlägen. Wow. Also lief ich genau so entspannt weiter und stellte nach weiteren 5 Kilometern fest, daß meine Geschwindigkeit konstant geblieben war und ich die 10 Kilometer in 50:24 absolviert hatte. Ich war erstaunt über mich selbst.

Die Halbmarathonmarke war in ziemlich genau 1:46:00 erreicht und da kam dann die Mathematik und mein Ehrgeiz ins Spiel, denn das verhieß theoretisch sogar eine mögliche Zielzeit von 3:30:00 mit einem Negativ-Split von nur 2 Minuten. Dies war zwar ein äußerst hochgestecktes Ziel, würde ich doch die Zeit von Malta nochmals um über 6 Minuten verbessern, aber auch nicht ganz unmöglich. So lief ich also weiterhin möglichst locker, aber bereits bestimmter, wobei sich der Pulsbereich inzwischen in die roten Sphären von 170+ verschoben hatte.

Zwischendurch hatte es leicht geregnet und dann wieder aufgehört, es ging ein leichter Wind und dann wieder nicht. Was ich mit diesem Wortkonstrukt ausdrücken möchte: Ich bekam von meiner Umwelt immer weniger mit. Erinnerlich ist mir im Speziellen noch die Piazza del Popolo und die Strecke durch die olympischen Sportstätten mit ihren Statuen. Würde es im Race Guide nicht aufgelistet sein, könnte ich nicht mehr sagen, ob ich oder ob ich nicht auf der Via del Corso gelaufen bin. Jedenfalls wußte ich, daß die Piazza Navona gleichbedeutend mit der 40 Kilometermarke war und den Vierströmebrunnen Berninis konnte selbst ich nicht übersehen. Die Stimmung an der Strecke war sehr gut und es gab reichlich Zuschauer, soweit ich das Geschehen außerhalb meiner Blase überhaupt beurteilen konnte.

30. Rom Marathon 2025
30. Rom Marathon 2025 – Blick auf die unbarmherzige Uhr

Das Tempo an sich war immer noch gleichmäßig geblieben wenn auch anstregender geworden. Was mir allerdings immer wieder wertvolle Sekunden kostete waren die Verpflegungsstationen. Diese waren in relativ kurzen Intervallen und gut ausgestattet mit Wasser, Iso, Bananen, Äpfeln, Orangen, Crackern usw. Leider sind Viele nicht in der Lage – und das ist kein Vorwurf, sondern eine reine Feststellung – sich etwas zu schnappen und zur Seite zu gehen und / oder weiterzulaufen. So entsteht natürlich ein gewisses Gedränge und Läufer wie ich, die versuchen wirklich niemals mit dem Laufen aufzuhören, sind zu aprupten Manövern gezwungen, die Kraft und Zeit kosten.

3:22:32 bei Kilometer 40 bedeutete erstens, daß sich meine Pace, die bis Kilometer 35 bei relativ konstanten ca. 5:00 min/km lag, inzwischen verschlechtert hatte (ca. 5:20 min/km) und zweitens, daß der kurz aufgeflammte Traum von dreieinhalb Stunden somit bereits erloschen war. Dennoch war absehbar, daß ich meine Zeit von Malta schlagen würde können. Es scheint ja irgendwie in den Genen von ambitionierteren Läufern zu sein, immer irgendetwas unterbieten zu wollen. Es macht nämlich einen enormen Unterschied aus für das Ego, ob man einen Marathon in 3:59:59 gelaufen ist oder in 4:00:01 – obwohl das nur 2 Sekunden Unterschied bedeutet.

Und so stürmte ich los, zumindest wollte ich das tun. Leider erwies sich der Sturm dann doch eher als laues Lüftchen denn schneller als 5:30 min/km trugen mich meine inzwischen doch recht müde gewordenen Beine nicht mehr. Auf der Piazza Venezia bemerkte ich nicht einmal das wahrhaft monumentale Monumento a Vittorio Emanuele II direkt vor mir und durch den undankbaren letzten Anstieg auf die Via della Greta hatte ich auch keinen Gedanken übrig für den Bocca della Verità und ob der Mund der Wahrheit jemals zugebissen hat. Das Foto, welches kurz vor dem Ziel entstanden ist, zeigt hoffentlich eindrucksvoll meine unerschütterliche Entschlossenheit.

30. Rom Marathon 2025 - Zieleinlauf
30. Rom Marathon 2025 – Zieleinlauf

3 Stunden, 34 Minuten und 44 Sekunden nach dem Start überquerte ich glücklich, zufrieden und laut in fremden Zungen hechelnd die Ziellinie im Circus Maximus. Ich lief mit einer durchschnittlichen Pace von 5:05 min/km weit schneller als ich es mir erträumt hatte und nahm mit Stolz und Dankbarkeit die großartige Finisher-Medaillie entgegen. Die gestrigen Knieschmerzen waren glücklicherweise so schnell vergangen wie sie entstanden waren und der Kopf schmerzte an diesem Tag auch nicht mehr.

30. Rom Marathon 2025 - Finisher-Medaillie
30. Rom Marathon 2025 – Finisher-Medaillie

Meine Statistiken lasse ich mir übrigens auch bei diesem Beitrag nicht nehmen. Mein langjähriger Durchschnitt von 2007 bis 2019, vor den gesundheitlichen Problemen, liegt bei 3:33:00. Wenn ich mein Comeback 2023 beim Frankfurt Marathon 2023 ansetze, für den ich noch 3:58:07 benötigt habe, dann liegt mein Durchschnitt von 2023 bis 2025 immerhin schon wieder bei 3:45:00 und dieser Rom Marathon wäre zu meiner goldenen Jugendzeit genau im Rahmen meiner Erwartungen gewesen. Im Vergleich zu Frankfurt habe ich mich in eineinhalb Jahren um rund 24 Minuten verbessert und ich möchte dazu aber anmerken, daß das nicht einfach so passiert ist, sondern das Ergebnis von hartem und konsequentem Training, wie ich hier versucht habe zu schildern.

30. Rom Marathon 2025

Nachdem ich mir die Zielverpflegung geholt hatte, pilgerte ich wieder zu meinen LKW Nummer 28 um meinen ersten Rucksack wieder in Empfang zu nehmen. Danach ging ich die rund 3 Kilometer zurück zur Gepäckaufbewahrung um mir meinen zweiten Rucksack zu holen. Von dort aus wiederum verschlug es mich auf das Bahnhofsklo von Roma Termini. Das hört sich jedoch schlimmer an als es ist, denn besagtes Örtchen ist sehr sauber und modern. Dort wusch ich mich behelfsmäßig und zog mich um, um nach einem kleinen Imbiss den nächsten Zug zum Flughafen zu nehmen. Addio, Roma!

30. Rom Marathon 2025 - Impression
30. Rom Marathon 2025 – Impression