Malta 2023 – Tag 1

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Malta als Reiseziel war Zufall. Eigentlich hatten sich meine Liebste und ich bereits auf Griechenland geeinigt, eine Mischung aus Strandurlaub und der Besichtigung von bedeutenden Stätten der Antike hätte es werden sollen. Aufgrund der enormen Waldbrände dieses Jahr geriet unser Vorhaben des Inselhoppings von sich aus bereits ins Wanken.

Dann bin ich über die Netflix-Serie Ancient Apocalypse gestolpert, in der man Graham Hancock pseudowissenschaftliche Theorien über untergegangene Kulturen verbreiten lässt. Ohne inhaltlich auf die Behauptung einer technologisch hochentwickelten Eiszeit-Kultur, die um die Welt reiste und hier und da dabei half Steinklötze zu stapeln, einzugehen: es werden viele verdammt interessante Orte vorgestellt.

Einer dieser Orte war der Ġgantija-Tempel auf der Insel Gozo in Verbindung mit den anderen noch erhaltenen Bauten aus der Jungsteinzeit. Nach der Erkenntnis, daß Malta an sich ein sehr interessantes Land ist, Strände und Buchten hat, die kleinste Hauptstadt Europas vorweisen kann und noch dazu eine einzigartige Geschichte zu bieten hat, wurde sodann Malta als sommerliches Reiseziel auserkoren und fixiert.

Malta wurde zu diesem Zeitpunkt, wie auch Italien und Griechenland und sowieso der ganze Planet, von einer Hitzewelle heimgesucht. Es sollten Temperaturen von bis zu 43 °C im Schatten herrschen und es gab bereits Berichte über Stromausfälle in Valetta. Todesmutig, aber hauptsächlich weil wir bereits dafür bezahlt hatten, bestiegen wir dennoch das Flugzeug der Malta Air.

Als wir ausstiegen, war es, als müsste man sich einem überdimensionalen Fön, entliehen aus dem Friseursalon Luzifers höchstpersönlich und angetrieben von den ewigen Feuern der Hölle, entgegenstellen. Heiß, es war heiß. Mit dem Bus ging es dann erstmal nach Rabat. Dazu ist zu sagen, daß das Busnetz in Malta grundsätzlich sehr gut ausgebaut ist und es eigentlich keinen Grund gibt, sich einen Mietwagen zu nehmen – insbesondere dann, wen man nicht zu unmöglichen Zeiten an unmöglichen Orten sein will. Es war sehr heiß, als wir aus besagtem Bus wieder ausstiegen, wirklich heiß.

Wir bezogen unser erstes Quartier, das wundervolle „The Heritage Boutique Accommodation“, mitten in Rabat. Rabat und insbesondere das angrenzende Mdina zählen zu den schönsten Städten der Hauptinsel. Aber vorerst zurück zum Hotel. Es ist ein frisch renoviertes, liebevoll eingerichtetes Boutique Hotel fast direkt am Hauptplatz von Mdina. Wir hatten das Zimmer mit Balkon mit direktem Blick auf den Platz, das Ambietente war zauberhaft. Wir haben uns dort sofort wohl gefühlt und waren von all den kleinen Details, welche die äußerst freundlichen Besitzer umsetzen ließen, fasziniert.

Und dennoch: man hat ja weder unendlich Zeit noch Geld. Daher haben wir uns nach unserem Check-In und einer kleinen Akklimation wieder in die Senkrechte begeben, um am ersten Tag unserer Reise noch etwas von Rabat und Mdina zu sehen.

Das nahegelegene Wignacourt Museum war unsere erste Station – wobei hier die Paulusgrotte (St. Paul’s Grotto) eigentliches Objekt der Begierde war. Es gibt jede Menge Grotten auf Malta aber, nun ja, diese ist eben jene Grotte, in der der christlichen Überlieferung zufolge der Apostel Paulus während seines vermeintlichen Aufenthalt auf Malta gewohnt und die heilige Messe gefeiert haben soll. Aus der Einheitsübersetzung der Bibel lässt sich – verkürzt – folgendes zitieren:

Der Schiffbruch vor Malta
27 Als wir schon die vierzehnte Nacht auf der Adria trieben, merkten die Matrosen um Mitternacht, dass sich ihnen Land näherte. […]
33 Als es nun Tag werden wollte, ermahnte Paulus alle, etwas zu essen, und sagte: Heute ist schon der vierzehnte Tag, dass ihr ausharrt, ohne auch nur die geringste Nahrung zu euch zu nehmen. 
34 Deshalb ermahne ich euch: Nehmt Nahrung zu euch; das ist gut für eure Rettung. Denn keinem von euch wird auch nur ein Haar von seinem Kopf verloren gehen. 
35 Nach diesen Worten nahm er Brot, dankte Gott vor den Augen aller, brach es und begann zu essen. 
36 Da fassten alle Mut und nahmen Nahrung zu sich.

https://www.bibleserver.com/EU/Apostelgeschichte27

Dazu ist anzumerken, daß ich eine unerklärliche Schwäche für christliche Mythologie habe. So stand ich schon in (nun, gut: neben) dem Fußabdruck von Jesus Christus höchstpersönlich in der Kirche Santa Maria in Palmis, besser bekannt als „Domine Quo Vadis?“ in Rom. Egal, mehr dazu an anderer Stelle und zurück zur Paulusgrotte. Ich war fasziniert, es war kühl, endlich, aber schwül, leider, aber es war definitiv ein historisch bedeutender Ort, unabhängig von etwaigen Schiffbrüchigen, die dort hausten – oder auch nicht. Es mag sensationslüsternen Touristen entgehen, aber gerade die Abwesenheit von Imposanz macht diesen Ort so imposant. Es sind große, von Menschenhand mühselig in den maltesischen Kalkstein gehauene Kammern und Nischen und Gänge und Treppen, die in heutiger Zeit als schlicht bezeichnet werden. Und doch war vorher: nur Stein und Stein auf Stein in Stein. Weiters wurden die Anlagen während des 2. Weltkriegs erweitert und als Bunker genutzt.

Die Zeit hat es in sich: das Fortschreiten nämlich. Daher machten wir uns per pedes noch auf, um vor Einbruch der Dunkelheit Mdina zu erkunden. Es war nicht wirklich weit bis zum Stadttor, über dessen Steinbrücke man die Stadt erreicht. Heute zählt Mdina mit 244 registrierten Einwohnern wohl nicht zu den Großstädten, nachweislich besiedelt allerdings wurde dieses Gebiet bereits in der Bronzezeit. Die Zeit vermag zuweilen auch gefühlt stillzustehen: diese Stadt wirkt wie ein Relikt vergangener Zeiten, in dem sich nur zuweilen ein Kraftfahrzeug erdreistet, durch die Verbrennung von Kraftstoff mechanische Arbeit zu erzeugen.

Wir haben Mdina sehr genossen und sind wie verzaubert durch die Straßen gewandert. All der Faszination zum Trotz stellt sich bisweilen der kleine Hunger ein. Ich bestand (für mich) darauf – und werde das auch zukünftig tun – daß man lokale Speisen zu essen hat. Das hat mehrere, grundsätzlich bereits absehbare, Folgen: man isst teurer, als würde man das nicht tun. Man isst, wie ich heute, Dinge, die man sonst nicht essen würde. Auf meinem Speiseplan stand, unabwendbar wie die Landung des Butterbrots auf der beschmierten Seite: das maltesische Kaninchen. Ich kann, einerseits, davon abraten, besagtes Kaninchen in einer touristischen Gegend zu bestellen, andererseits jeden Touristen nur dazu ermutigen, sich den lokalen Speisen zu öffnen. Mein persönliches Karnickel hatte wohl eine schwere Kindheit, eine traumatische Ehe sowie ein jähes Ende und daher wohl kaum Verwertbares auf den Rippen, die sich nach mühseligem Abschaben vor mir türmten. Es war nicht schlecht und es spielt vermutlich auch eine gewisse Erwartungshaltung mit, wenn man das als Nationalgericht angepriesene Futter nur: benagenswert findet.

Rabat - das maltesische Kaninchen
Rabat – das maltesische Kaninchen

Wir sind dann noch durch die ruhigen Gassen von Mdina und Rabat gelustwandelt um dann zufrieden und gut klimatisiert einschlafen zu können.